Sonntag, 27. 6. 2010

Um 6.45 Uhr läutet das Handy. Nach der üblichen Morgentoilette gehen wir das kurze Stück zu Perry’s Smorgy hinüber.

Es ist ja keine Seltenheit, dass auch ein betagtes Ehepaar an einem Tisch sitzt, aber heute hat es mit solch einem Ehepaar offenbar etwas Besonderes an sich. Von diversen Angestellten werden sie ununterbrochen bedient, u. a. werden Törtchen auf den Tisch gestellt, die am Buffet gar nicht angeboten werden.

Nach einiger Zeit kommt eine Angestellte zu uns, um unsere benützten Teller abzuservieren und dabei flüstert sie uns etwas zu, was wir aber nicht verstehen, nicht mal ansatzweise. Sie wiederholt es zwar, aber wir verstehen sie immer noch nicht.
Ich unternehme einen weiteren Versuch, bitte sie, es nochmals zu wiederholen und stehe auf, denn sie spricht ungewöhnlich leise, direkt geheimnisvoll.

Jetzt erfahre ich es! „Petrus is landed on this planet!“. Aha, jetzt wissen wir es!
Und ich hatte schon die leise Vermutung, dass es sich bei dem Ehepaar um die Gründer von Perry’s Smorgy handeln könnte…

Eines ist seltsam: Sobald ich die betagte Dame ansehe, sieht sie mich auch an.

Kurz darauf gehen wir Richtung Ausgang und als wir knapp am Tisch dieses Ehepaares vorbei gehen, sagt die Lady plötzlich „have a nice day“! Immerhin bin ich reaktionsschnell genug, um antworten zu können…

Nun muss ein Kurzbesuch im abc-Markt sein, denn Michi braucht eine Sonnencreme.

Im Hotel packen wir die restlichen Dinge in die Rucksäcke und gehen zur Parkgarage. Dort entdecken wir, dass die Stoßstange unseres Jeeps links vorne von einem anderen Auto leicht beschädigt wurde, weiße Farbe ist zu erkennen.

Das Ausparken ist nicht ganz einfach, gelingt aber Dank Michis Anweisungen sehr gut.

Auf geht’s Richtung Westküste! So denken wir zumindest.

Wie es passiert ist, weiß ich nicht, aber wir haben es verpasst, Richtung Wai’anae zu fahren und können stattdessen die Einkaufsmeile von Pearl Ridge bewundern, auch in Aiea haben wir eine Kurzbesichtigung vorgenommen und vieles mehr.

Um vielleicht doch noch heute an die Westküste zu gelangen, beschließe ich kurzerhand zum Airport zurück zu fahren, denn von dort ist es einfach, außer, ich achte wieder nicht auf die Schilder.

Schließlich sind wir auf dem richtigen Highway unterwegs.

Wettermäßig nimmt die Bewölkung mehr und mehr zu. Vorhin habe ich leichtsinnigerweise unsere Regencaps aus den Rucksäcken geräumt, das war vermutlich zu voreilig.

An der Westküste sind die Zelt- und Pappendeckelburgen der Obdachlosen nicht weniger, sondern sogar etwas mehr geworden. Gegenüber 2009 ist diese Gegend mit allerlei Unrat bedeckt und wir fragen uns, weshalb die Obdachlosen, die ohnehin nichts zu tun haben, nicht wenigstens ihren eigenen Müll in Säcke füllen können. Eine Antwort gibt es darauf natürlich nicht.

Um 10.50 Uhr sind wir am Trailhead des Ka’ena Point Trails, der uns gleich zu Beginn mit einer großen, sich über die ganze Trailbreite reichenden Wasserlacke von einigen Metern Länge begrüßt.

Wir stehen beim Trailhead und überlegen… Vier Leute kommen zurück, deren Schuhe und Unterschenkel aussehen, als hätten sie eine Schlammschlacht hinter sich. Das kann ja heiter werden.

Nur keine Scheu, wir stürzen uns ins Vergnügen

Die große Wasserlacke zu Beginn können wir umgehen: Linkerhand ist eine kleine Erhebung, wo wir hinauf gehen, hier ist es trocken.
Von hier aus sehen wir, dass weiter in Richtung Meer ein kleiner Lieferwagen in einem Wasserloch eingesunken ist, das sich am Strand gebildet hat. Das Auto hängt völlig schräg dort drinnen und einige Männer versuchen, den Wagen heraus zu ziehen, erfolglos, weil diverse Abschleppseile reißen.

Die Männer haben aber offensichtlich großen Spaß an der Sache, denn sie lachen, machen Scherze und spielen eigentlich „Kind“

Über uns ist eine dicke, schwarze Wolke, es ist aber ziemlich warm, wie meine Wetteruhr bestätigt: 36,2° C. Dank der kühlen Brise vom Meer spüren wir die Hitze nicht so sehr.

Nach ca. 50 m verlassen wir die Anhöhe wieder, krabbeln wieder auf den Trail hinunter und wagen einen Blick zurück. Sieht nicht besonders gut aus.

Da ich schon in vergangenen Urlauben die früheren Gleise bzw. deren Holzbohlen der Eisenbahn gesehen habe, die früher hier fuhr, suche ich auch heute danach, doch auf Grund des Matsches kann ich überhaupt nichts entdecken. Schade!

Beim Weitergehen sehen wir linkerhand eine Wagenburg und zwar sind es zahlreiche Pickups und Geländeautos, deren Besitzer das Wochenende hier verbringen.
Viele Angeln sind fix montiert, in der Hoffnung auf den großen Fisch.

Wir passieren ein Wasserloch nach dem anderen, aber sie sind wenigstens kleiner als die zu Beginn und wir können sie leicht umgehen.

Meine Hoffnung, dass die Wasserlöcher in der Folge noch weiter abnehmen würden, war umsonst.
Was es hier – am regenärmsten Punkt von O’ahu – in der letzten Zeit geregnet haben muss, kann ich mir nicht mehr wirklich vorstellen. Der Boden ist vollkommen gesättigt und nimmt nichts mehr auf.

Um 11.40 Uhr ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir kapitulieren und denken an die Schuhe jener, die zurück gekommen sind. Wenn wir weiter laufen, sehen unsere Wanderschuhe in Kürze genauso aus und das möchten wir nicht unbedingt.

Noch nie in all den vorangegangenen Hawai’i-Urlauben haben wir Richtung Ka’ena Point so viele und große Wasserlacken, die fast schon in einen einzigen See übergehen, gesehen.

Wir drehen also um und nur 15 Minuten später kommt ein Radfahrer, der sehr zügig durch die Wasserlacken fährt, mit dem Erfolg, dass er aussieht, als hätte er sich im Schmutz gewälzt.

Kurz darauf rasen zwei Pickups durch, gut, dass wir wieder auf der Anhöhe gehen.

Um 12 Uhr sind wir wieder beim Auto, ziehen unsere Wanderschuhe aus und fahren in südliche Richtung.

Doch weit kommen wir nicht, denn bei der Yokohama Bay sehen wir schon von weitem eine große Menschenansammlung, zahlreiche Motorräder stehen bereits dort, aber es kommen noch viele weitere dazu. Warum es ausgerechnet hier ein Bikertreffen gibt, erschließt sich uns nicht, denn es gibt hier nichts, außer dem Meer.

Mit 10 mph fahre ich langsam vorbei und kurz darauf halten wir – endlich wieder mal nach vielen Jahren – bei der Kaneana Cave bzw. genau gegenüber, wo sich der Parkplatz befindet. Es ein großer Stein platziert, auf dem „Kaneana“ steht.

Während Michi im Auto sitzen bleibt, schnappe ich mir Camcorder, Kamera und Taschenlampe und mache mich auf den Weg.

Der Eingang der Cave wirkt wie ein riesengroßes Tor und obwohl es bald niedriger wird, habe ich mit aufrechtem Stehen keinerlei Probleme.

Ich denke an die Legende, die es von dieser Höhle gibt. Demnach regierte hier der Hai-Mann Nanaue, der auch Kaneana genannt wurde. Kaneana’s Vater war ein Hai, seine Mutter menschlich und Kaneana sollte frühzeitig die Geschmack von Fleisch (bzw. Blut) kennen lernen, um auf Beutejagd zu gehen, die er dann in der Höhle zum Abendessen verspeiste. Glücklicherweise wurde er aber von den Hawaiianern getötet.
Die Höhle war nicht nur das Heim des leistungsstarken Hai-Mannes, sondern auch von Madame Pele.

Zu Ehren dieser Story wurden später in der Höhle religiöse Zeremonien abgehalten und die Höhle wurde als heilig betrachtet.

Ansonsten ist die Cave nichts Umweltbewegendes, mich stört, dass etwas Unrat herum liegt, das muss nun wirklich nicht sein.

Nach dieser kurzen Erkundung fahren wir in südliche Richtung weiter und biegen schließlich zum Ko’Olina Resort ab, wo schon zehn Autos vor uns in der Reihe stehen, um dem Herrn im Wärterhäuschen Rede und Antwort zu stehen, warum, wieso und weshalb man denn zum Resort möchte. Mal sehen, ob es auch dieses Jahr noch so einfach ist wie vor einigen Jahren. Kurze Zeit darauf stellt sich heraus, dass es immer noch genügt, wenn man „just for visiting“ sagt – und schon sind wir durch

Das Resort wird laufend erweitert, so auch jetzt, zahlreiche große Baukräne verunstalten die Anlage. Woher nehmen sie die Gäste, die all das bewohnen sollen

Nach einer Ehrenrunde, um das Gelände zu besichtigen, parken wir uns beim „Island Country Market“ ein. Wir hätten gerne einen Espresso, der uns vor Jahren direkt im Resort mit dem Hinweis verweigert wurde, es gäbe gar keine Espresso-Maschine

Auch der Island Country Market hat keine Espresso-Maschine, aber wir riskieren einen regular coffee, der in einer großen Tasse serviert wird und ausgezeichnet schmeckt Wir bezahlen $ 5,25 und setzen uns nach draußen.

Heute, am Sonntag, wird der Zug, mit dem wir auch schon vor einigen Jahren fuhren, vorbei tuckern. Es dauert nicht sehr lange, kommt er auch schon. Er ist voll besetzt.

Anschließend gehen wir zum Jeep zurück und fahren auf dem Highway in östliche Richtung, biegen aber an der groß ausgeschilderten Kunia Rd. (= 750) ein.
Zu Beginn ist sie fast Highway-artig ausgebaut, was mir nicht so gefällt, aber die Zeit schreitet voran. Nach ein paar wenigen Meilen ändert es sich jedoch und die Kunia Rd. ist so wie früher, nämlich nicht ausgebaut.

Vorbei an unglaublich roter Erde, wie man sie sonst nur von Kaua’i kennt und abgeernteten Ananas-Feldern fahren wir Richtung Norden, wobei uns linkerhand die Wai’anae Mountains begleiten. Auch der „Golfball“ ist zu sehen, der Teil der militärischen Anlage ist.

Am Ende der Kunia Rd. biegen wir linkerhand in den Farrington Hwy. ein.

Wir gelangen zum Dillingham Airfield, wo heute ebenfalls sehr viel los ist – Sonntag eben!

Auch am Ende des Farrington Hwy.s stehen dermaßen viele Autos, sodass wir nur mehr einen Parkplatz am Straßenrand ergattern können.

Von hier sieht der Ka’ena Point Trail Mokule’ia side sehr trocken aus. Durch die Allradfahrer ist die Piste allerdings schon ganz schön demoliert.

Wettermäßig ist es sehr stark bewölkt. Egal, wir sind nicht aus Zucker!
Um 15 Uhr beginnen wir mit knurrendem Magen den Trail.
Die Temperatur beträgt laut meiner Wetteruhr 36,2° C, kein Wunder, denn Ka’ena heißt „heiß“.

Zwischendurch lassen wir uns an einem kleinen Sandstrand, dem Hidden Beach nieder, um ein wenig zu picknicken.

(Auf diesem Foto sieht er nicht so schön aus, übermorgen gibt es ein Schöneres!).

Manch einer findet den Hidden Beach nicht, dabei ist es gar nicht mal so schwierig: Wenn man oberhalb auf der eigentlichen Fahrpiste geht, stehen regelmäßíg Telefonmasten. Beim Mast mit der Nummer 196 geht man rechterhand Richtung Meer und kurz darauf steht man am Hidden Beach.

Wir laufen aber jetzt weiter in Meernähe entlang.

Plötzlich stehen wir fast vor einem Abgrund. Bei genauem Hinsehen sind noch die Reste einer alten Brücke zu erkennen, über die früher möglicherweise die Eisenbahn fuhr. Ganz sicher bin ich mir nicht, denn der Verlauf der Schienen könnte auch komplett am jetzigen Trail gewesen sein.

Gerade als ich über die Eisenbahn nachdenke, kommt von unten (wir stehen immer noch vor dem Abgrund) ein Auto, das von einem Einheimischen gefahren wird, hoch. Er nimmt zwar Schwung, schafft es aber nicht. Also wieder zurück, noch mal von vorne, doch es gelingt wieder nicht. Nochmal zurück, mehr Schwung geholt, wieder nichts! Das geht einige Male hin und her, aber ohne Erfolg. Doch dann fährt er sehr weit zurück und mit hohem Tempo kommt er auf das vor ihm liegende steile Stück zu und quält das Auto zentimeterweise hoch. Dass der Wagen dabei abwechselnd links und rechts außen am Blech beschädigt wird, weil große Steine im Weg liegen, scheint ihn nicht zu stören.
Schließlich ist es geschafft, der Fahrer und seine Kumpel steigen aus, sehen sich den Schaden an, lachen und fahren weiter.
Also wirklich – mein Auto dürfte das nicht gewesen sein…

Wir gehen zur normalen Fahrpiste zurück, um ein wenig schneller voran zu kommen.

Nur unweit vor uns stehen zwei Jeeps, die enorm verschmutzt sind, Schlamm bis hoch zum Dach. Die Leute, die neben den Jeeps stehen, sind ebenso verschmutzt wie die Autos. Einer der jungen Männer mit blonden Haaren sagt etwas völlig Unverständliches zu Michi, worauf ihn Michi bittet, doch eine Spur langsamer zu sprechen, da wir nicht Einheimische, sondern Österreicher sind. Dem kommt der junge Mann gerne nach, aber seine Antwort verblüfft uns komplett, die sie lautet „main audo is kaput“. Er sieht unsere verdutzten Gesichter und klärt uns auf: Seine Großmutter ist Deutsche. Aha!!!

Die Motorhaube des ersten Jeeps ist geöffnet, Michi blickt hinein und sieht, dass der Keilriemen gerissen ist. Ein anderer Beteiligter ruft mit seinem Handy jemanden herbei.

Der blonde Jüngling wischt sich seine völlig verschmutzten Hände id der nicht minder verschmutzten Hose ab (der gute Wille macht’s!), drückt Michi die Hand und sagt „dange sön“.

Schließlich passieren wir das Gate. Mir ist enorm heiß, der Schweiß rinnt mir in Strömen hinunter, ich bin fix und fertig, aber ich kämpfe mich trotzdem vorwärts.

In etwas weiterer Entfernung sehen wir zwei Albatrosse, was uns dazu veranlasst, zwei Camcorder sowie zwei Fotoapparate schleunigst anzuwerfen, um das Bestmögliche daraus zu machen.

Wir nähern uns dem Positionslicht, müssen uns aber sputen, da sich die Himmelsfärbung nicht unbedingt zum Guten wendet.

Abgesehen davon müssen wir wieder zum Auto zurück und wir haben keine Taschenlampen dabei, falls wir in die Finsternis geraten sollten.

Um 17 Uhr ist es geschafft! Wir sind am Ka’ena Point

Unabhängig von ein paar wenigen Leuten sind auch drei Seelöwen hier. Letztere liegen auf den Lavasteinen, die aus dem Meer ragen und lassen es sich gut gehen.

Ein Blick zur Westküste zeigt, dass auch dort der Himmel über den Wai’anae Mountains tiefschwarz ist, es scheint sogar zu regnen. Wir hingegen stehen zumindest derzeit noch in der Sonne und es ist traumhaft schön
Schade nur, dass die Zeit drängt und wir nicht einige Stunden hier verbringen können, wie wir gerne möchten.

Nach einigen Foto- und Filmaufnahmen treten wir um 17.20 Uhr bei 30,8° C den Rückweg an.

Nur 25 Minuten später erreichen wir das Gate und gehen flotten Schrittes weiter.
Immer wieder überholen uns Autos, aber genauso viele Autos kommen uns auch entgegen.

Anfangs ist der Himmel noch schwarz, aber je mehr wir uns dem Ausgangspunkt nähern, umso mehr bessert sich das Wetter, nur der Trail ist in einem wirklich erbärmlichen Zustand.

Je mehr wir uns dem Ausgangspunkt nähern, umso mehr bessert sich das Wetter, nur der Trail ist in einem wirklich erbärmlichen Zustand.

Die ganze Zeit halte ich nach den Eisenbahnschwellen Ausschau, die ich früher hier schon gesehen habe und plötzlich liegen sie vor mir:

Die derzeit noch vorhandenen Reste der O'ahu Railway - wie lange wird es sie noch geben?

Nach elendslanger Zeit – nein, stimmt gar nicht, es ist nämlich 18.45 Uhr – sind wir beim Auto.

Auch der deutschsprechende Einheimische ist hier, zusammen mit seinem Auto, das wohl abgeschleppt wurde. Im Moment wird der Keilriemen repariert und die jungen Leute sind bester Laune.

Die Fahrt zum Hotel zieht sich ganz schön in die Länge, kein Wunder, heute sitze ich doch schon einige Zeit hinter dem Lenkrad.

Doch ein kleiner Fotostopp zwischendurch muss noch sein.

Um 20.30 Uhr stellen wir das Auto in der Tiefgarage ab.

Wie jeden Abend folgt im Hotelzimmer der technische Teil, der dieses Jahr noch ein wenig erweitert ist, nämlich um das Überspielen der HD-Filme auf das Netbook und anschließend auf die externe Festplatte. Alles in allem nimmt es ganz schön Zeit in Anspruch.

Anschließend lesen wir noch ein wenig und ich gehe erstmals in diesem Urlaub ins Internet, das mich für 7 Tage $ 39,90 kostet.

Um Mitternacht fallen wir todmüde ins Bett